Die Bewertung von Pensionsverpflichtungen richtet sich nicht nach den allgemeinen Regelungen für Rückstellungen des § 6 EStG, sondern nach § 6a EStG als Spezialvorschrift, der die Berechnung des Teilwerts von Pensionsverpflichtungen, den Beginn und verschiedene Einschränkungen der Rückstellungsbildung regelt. Die Berechnungsvorschrift des § 6a Abs. 3 EStG für den Teilwert ist auch für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Beiträge für die gesetzliche Insolvenzsicherung (PSV) anzuwenden (§ 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BetrAVG), wobei hier aus verschiedenen Gründen Abweichungen zum für die Steuerbilanz berechneten Teilwert auftreten können.
Entsprechend dem Einzelbewertungsgrundsatz werden die Pensionsverpflichtungen für verschiedene Pensionszusagen getrennt bewertet. Die verschiedenen innerhalb der einzelnen Pensionszusagen vorgesehenen Versorgungsfälle (Alter, Tod, Invalidität) werden jedoch bei der Bewertung als einheitlicher Anspruch berücksichtigt.[1] Außer Pensionszusagen an Arbeitnehmer werden auch solche an andere begünstigte Personen nach § 6a EStG bewertet (§ 6a Abs. 5 EStG).
Die anzusetzende Pensionsrückstellung wird grundsätzlich durch Berechnung des Teilwerts unter Beachtung der steuerlichen Bewertungsvorschriften und -einschränkungen ermittelt. Abweichungen vom Teilwert können aber auftreten wegen der Einschränkungen des § 6a Abs. 4 EStG betreffend die zulässigen Zuführungen zur Pensionsrückstellung.
Wie in der Handelsbilanz dürfen Pensionsrückstellungen steuerrechtlich nur gebildet werden, wenn die Inanspruchnahme aus der Verpflichtung wahrscheinlich ist. Dies ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn ein Dritter für die Pensionsverpflichtung einen Schuldbeitritt mit Erfüllungsübernahme erklärt hat[2].
Anders als in der Handelsbilanz dürfen dagegen Pensionsrückstellungen nur gebildet werden (§ 6a Abs. 1 EStG), wenn
Die Bewertung erfolgt mit gesetzlich weitgehend festgelegten versicherungsmathematischen Rechnungsannahmen auf Grundlage des Personenbestands, der zum Bilanzstichtag vorliegt. Von der Finanzverwaltung werden jedoch Inventurerleichterungen gewährt (R 6a.18 EStR), die grundsätzlich eine Bestandsaufnahme der Pensionsverpflichtungen während eines Zeitraums von bis zu 3 Monaten vor und 2 Monaten nach dem Bilanzstichtag zulassen. Dies setzt allerdings voraus, dass keine außergewöhnlichen Veränderungen des Personenbestands zwischen dem Inventurstichtag und dem Bilanzstichtag eingetreten sind, etwa durch eine Neuordnung der Versorgungsregelungen, durch Betriebsstillegungen, Aus- oder Eingliederungen etc. Auch allgemeine Veränderungen der Leistungen für alle oder manche Personengruppen, etwa aufgrund eines neuen Tarifvertrags, sind zumindest näherungsweise zu berücksichtigen. Die Inventurerleichterung gilt nicht für Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften sowie für Unternehmen mit bis zu 20 Versorgungsberechtigten am Inventurstichtag.
In Sonderfällen, insbesondere bei der Übernahme von Pensionsverpflichtungen, Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer, bei Auszahlung der Leistungen als Raten oder bei bestehenden Wahlrechten sind weitere gesetzliche Vorschriften, Gerichtsurteile oder Auffassungen der Finanzverwaltung zu berücksichtigen.
Die Berechnung des Teilwerts wird nach den Verhältnissen zum jeweiligen Bilanzstichtag durchgeführt, d.h. etwaige Veränderungen der Versorgungszusage in der Vergangenheit haben keinen Einfluss auf die Rückstellungshöhe. Aber auch in der Zukunft erwartete Veränderungen haben – anders als bei handelsbilanziellen Bewertungen – keinen Einfluss darauf, da nach dem Stichtagsprinzip künftige Veränderungen der Leistungen, die „hinsichtlich des Zeitpunktes ihres Wirksamwerdens oder ihres Umfangs ungewiss sind“, bei der Rückstellungsberechnung nicht berücksichtigt werden dürfen (§ 6a Abs. 3 Nr. 1 Satz 4 EStG). Dies betrifft künftige Veränderungen des versorgungsfähigen Entgelts oder anderer Bemessungsgrößen, aber auch Rentenanpassungen.
Künftige Veränderungen, die zum Bilanzstichtag bereits feststehen, sind bei der Berechnung des Teilwerts dagegen einzubeziehen. Dies gilt sowohl für durch die Versorgungszusage ihrer Höhe und ihrem Zeitpunkt nach fest zugesagte Veränderungen, insbesondere bei garantierten Rentenanpassungen, als auch für künftige Änderungen von Bemessungsgrößen, die zum Bilanzstichtag zwar noch nicht eingetreten sind, aber bereits feststehen (z.B. Entgeltsteigerungen aufgrund eines vor dem Bilanzstichtag abgeschlossenen Tarifvertrags).
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist steuerlich grundsätzlich höchstens ein Versorgungsniveau von 75 % akzeptiert, d.h. die zugesagte Rentenhöhe darf höchstens 75 % des aktuellen Entgelts betragen. Andernfalls kann eine „Überversorgung“ angenommen werden, die eine Vorwegnahme künftiger Entgeltsteigerungen beinhaltet und zur anteiligen Kürzung der Pensionsrückstellung führt.[5]
Neben den genannten Regelungen zur Berechnung des Teilwerts wird die Höhe der Rückstellung zusätzlich durch die Vorschriften des § 6a Abs. 4 EStG zur zulässigen Höhe der Zuführung eingeschränkt. Hier besteht grundsätzlich das sog. Nachholverbot, das eine Erhöhung der Pensionsrückstellung nur insoweit zulässt als auch der Teilwert gegenüber dem vorangegangenen Wirtschaftsjahr angestiegen ist. Wenn eine Pensionsrückstellung gebildet worden ist, die unterhalb des eigentlich zutreffenden Teilwerts liegt (z.B. aufgrund eines Berechnungsfehlers[6]), so muss die Differenz (Fehlbetrag) auch in den Folgejahren beibehalten werden, d.h. die Pensionsrückstellung unterschreitet dauerhaft den eigentlich anzusetzenden Teilwert. Der Fehlbetrag entfällt erst beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis oder dem Eintritt des Versorgungsfalls (§ 6a Abs. 4 Satz 5 EStG); bei einem fallenden Teilwert, insbesondere nach Rentenbeginn, kann der Fehlbetrag jedoch stückweise abgebaut werden (vgl. R 6a.22 EStR).
Bei der erstmaligen Anwendung neuer oder geänderter biometrischer Rechnungsgrundlagen oder beim Wechsel auf andere biometrische Rechnungsgrundlagen wird sich die Rückstellung aufgrund der anderen Rechnungsgrundlagen regelmäßig verändern. Gemäß § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG darf der dadurch entstehende (positive oder negative) Unterschiedsbetrag nur auf mindestens drei Wirtschaftsjahre gleichmäßig verteilt der Pensionsrückstellung zugeführt werden[7].
Ferner besteht die - praktisch bedeutungslose - Möglichkeit, die Zuführung bei erstmaliger Bildung einer Pensionsrückstellung, bei einem Anstieg des Barwerts der Pensionsleistungen um mehr als 25 % oder bei dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis oder dem Eintritt eines Versorgungsfalls auf drei Wirtschaftsjahre gleichmäßig zu verteilen.
Da die für die Bildung von Pensionsrückstellungen maßgebliche Regelung des § 6a EStG von den allgemeinen Vorschriften zur Rückstellungsbildung abweicht, ist sie in besonderem Maße kritischer Betrachtung ausgesetzt.
Neben dem mit 6 % p.a. gegenüber dem nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG grundsätzlich anzuwendenden Zinssatz von 5,5 % p.a. abweichenden Rechnungszinssatz und dem Verbot, nicht feststehende künftige Veränderungen etwa in Form von Gehalts- oder Rententrends zu berücksichtigen (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG), ist auch die grundsätzliche Eignung des Teilwertverfahrens insbesondere für die Bewertung beitragsorientierter Pensionszusagen zweifelhaft.
Besonders offensichtlich ungeeignet ist das Teilwertverfahren, wenn aufgrund einer Neuordnung der betrieblichen Altersversorgung für künftige Dienstzeiten keine Erhöhung der Leistung mehr eintritt, sondern nur die zum Zeitpunkt der Neuordnung arbeitsrechtlich bereits erdiente Anwartschaft als Besitzstand beibehalten wird. Auch in diesem Fall ist die Verpflichtung weiter mit dem Teilwertverfahren zu bewerten, solange das Arbeitsverhältnis andauert, d.h. es wird entgegen der arbeitsrechtlichen Lage unterstellt, dass auch künftige Dienstzeiten noch zum Erdienen der zugesagten Leistung beitragen.
Das trotz des seit langem existierenden Passivierungsgebots für Pensionsverpflichtungen immer noch bestehende Nachholverbot (§ 6a Abs. 4 Satz 1 EStG) und die Notwendigkeit, die Pensionszusage in Schriftform zu erteilen (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG), werden als veraltet kritisiert.[8] Die Schriftform wird allerdings auch arbeitsrechtlich gefordert (§ 2 Abs. 1 NachwG).
vgl. BFH-Urteil vom 20.11.2019, XI R 42/18, Rz. 35f. ↩︎
BFH-Urteil vom 26.04.2012, IV R 43/09 ↩︎
vgl. etwa BFH-Urteil vom 23.07.2019, XI R 48/17, und BFH-Beschluss vom 10.07.2019, XI R 47/17 ↩︎
vgl. BFH-Urteil vom 31.07.2018, VIII R 6/15 m.w.N. ↩︎
vgl. dazu BMF-Schreiben vom 19.10.2018 (IV C 6 – S 2176/07/10004 :001) ↩︎
vgl. etwa Höfer/Veit/Verhuven, Betriebsrentenrecht (BetrAVG), Band II, EL 12, Mai 2014, Kap. 2, Rn. 584ff. zum Nachholverbot und BMF-Schreiben vom 11.7.2018, IV C 6 - S 2176/11/10001, in BetrAV 6/2018, S. 465, zum Schriftformerfordernis. ↩︎