Bei Jubiläumsverpflichtungen handelt es sich um vom Arbeitgeber zugesagte Leistungen aus Anlass eines Dienstjubiläums. Hierbei erhalten Mitarbeiter nach einer festgelegten Anzahl von Dienstjahren (häufig 10, 25, 40 oder 50 Jahre) vom Arbeitgeber Geld- oder Sachleistungen für ihre Betriebstreue. Häufig werden auch Sonderurlaubstage gewährt. Aus Arbeitgebersicht ist ungewiss, ob ein Mitarbeiter ein Dienstjubiläum erreicht oder das Dienstverhältnis vorher durch Kündigung, Invalidität oder Tod endet. Die Verpflichtung entfällt i. d. R. mit Beendigung des Dienstverhältnisses.
Werden Jubiläumsleistungen in Form von Geldleistungen fällig, so sind bei der Bewertung auch die vom Arbeitgeber zu tragenden Nebenkosten (insb. Sozialversicherungsabgaben) unter Beachtung des Jahresentgeltes sowie der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen zu berücksichtigen. Ähnliches gilt, wenn die Jubiläumsleistung als Nettoleistung zugesagt ist.
Sachgeschenke sind mit den erwarteten Kosten und Urlaubstage auf Basis der durchschnittlichen Jahresarbeitstage und dem Jahresentgelt (Bruttoentgelt zzgl. Nebenkosten) mit ihrem "Wert" anzusetzen.
Von den Jubiläumsverpflichtungen zu unterscheiden sind Sonderzuwendungen anlässlich eines Firmenjubiläums, auch wenn in diesen Fällen die Leistung des Arbeitgebers von der individuellen Dienstzeit eines Arbeitnehmers abhängen kann.
Die Passivierung in der Steuerbilanz folgt aus dem Maßgeblichkeitsprinzip der Handelsbilanz (§ 5 Abs. 1 EStG), wobei dem Grunde und der Höhe nach Besonderheiten des EStG zu beachten sind.
Wesentliche Bedingungen zur Bildung einer steuerbilanziellen Rückstellung sind (§ 5 Abs. 4 EStG):
Die Verwaltungsmeinung zur steuerlichen Berücksichtigung hat die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 08.12.2008 und dem BMF-Schreiben vom 27.02.2020 dargelegt.
Die Bewertung erfolgt nach dem versicherungsmathematischen Teilwertverfahren entsprechend den Grundsätzen des § 6a EStG mit einem Rechnungszins von 5,5 % (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG). Die Finanzverwaltung erlaubt zudem ein vereinfachtes Pauschalwertverfahren für die Bewertung (BMF-Schreiben vom 27.02.2020). Bei Beschäftigten, die bereits am 31.12.1992 beim Arbeitgeber beschäftigt waren, werden die Anwartschaftsteile vor dem 01.01.1993 bei der Rückstellungsermittlung dadurch berücksichtigt, dass der versicherungsmathematische Teilwert bzw. der Pauschalwert zum fiktiven Bilanzstichtag 31.12.1992 ermittelt wird und vom entsprechenden Wert zum aktuellen Stichtag abgezogen wird (BMF-Schreiben vom 08.12.2008, Rz. 13 ff).
Für die Rückstellungsberechnung sind die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend, d. h. zukünftige Preis- und Kostensteigerungen dürfen nicht berücksichtigt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f EStG). Die Wahrscheinlichkeit einer vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses durch Kündigung (sog. Fluktuationsannahme) wird pauschal berücksichtigt, indem Rückstellungen erst mit dem 11. Dienstjahr eines Mitarbeiters gebildet werden dürfen. Für die Ausscheideursachen Invalidität und Tod sind die "Heubeck-Richttafeln 2018 G" heranzuziehen (BMF-Schreiben vom 27.02.2020).
Auch wenn die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Vorschriften für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 EStG) im Hinblick auf die Rückstellungshöhe durchbrochen wird, hat die Finanzverwaltung in R 6.11 Abs. 3 EStR geregelt, dass die Rückstellung in der Steuerbilanz den zulässigen Wert in der Handelsbilanz nicht überschreiten darf. Zur Bestimmung der zulässigen Rückstellung ist daher der handelsbilanzielle Erfüllungsbetrag zu bestimmen und das Minimum beider Werte anzusetzen. Hierdurch kann es auf Einzelpersonenebene zu einer "Vermischung" im Rückstellungsausweis kommen, d. h. den steuerlich zulässigen Rückstellungen zweier Mitarbeiter liegen ggf. unterschiedliche Bewertungsverfahren und Prämissen zugrunde.
Im Gegensatz zu den Altersvorsorgeverpflichtungen (§ 6a Abs. 4 EStG) gibt es kein Nachholverbot, d. h. Rückstellungen werden gemäß der Entwicklung im Wirtschaftsjahr erhöht bzw. aufgelöst, es entstehen keine Fehlbeträge, die ggf. fortgeführt werden müssen.
Obwohl Jubiläumsverpflichtungen als mit Pensionsverpflichtungen vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen gelten (IDW RS HFA 30, Tz. 8), unterscheidet sich die Bilanzierung von den Altersvorsorgeverpflichtungen.
Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind in der Handelsbilanz Rückstellungen für Jubiläumsverpflichtungen zu passivieren. Die Bewertung richtet sich hierbei nach "vernünftiger kaufmännischer Beurteilung" (§ 253 Abs. 1 HGB) und ist nicht explizit geregelt. Es gilt der Einzelbewertungsgrundsatz (§ 252 Abs. 1 HGB).
Unabhängig vom Bewertungsverfahren sind Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre abzuzinsen. Hierbei darf eine pauschale Restlaufzeit von 15 Jahren unterstellt werden (§ 253 Abs. 2 HGB i.V.m IDW RS HFA 30, Tz. 8), wobei dieser Ansatz aufgrund der Bilanzstetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB) i. d. R. in den Folgeperioden beizubehalten ist.
Da das HGB keine konkreten Anforderungen an das Bewertungsverfahren stellt, kommt in der Praxis meistens das in der "IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Handelsrechtliche Bilanzierung von Altersversorgungsverpflichtungen" (IDW RS HFA 30,Tz. 60, 61) genannte Anwartschaftsbarwertverfahren i. S. v. IAS 19 zur Anwendung. Hierbei erfolgt die Zuordnung künftiger Leistungen im Verhältnis der bereits zurückgelegten zu der bis zum Eintritt des jeweiligen Jubiläums möglichen Dienstzeit.
Das Anwartschaftsbarwertverfahren unterscheidet sich damit rechnerisch vom steuerlichen Teilwertverfahren. Es ist der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendige Erfüllungsbetrag maßgeblich. Rückstellungswirksame Einflussfaktoren nach dem Bilanzstichtag sind zu berücksichtigen (bspw. zukünftige Gehaltssteigerungen).
Die Unterscheidung der Aufwandskomponenten orientiert sich ebenfalls am IDW RS HFA 30 (Tz. 87, 88). Aufwendungen aus der Änderung des Abzinsungszinssatzes dürfen im Finanzergebnis erfasst werden. Dienstzeitaufwand sowie Effekte aus geänderten Trend- bzw. biometrischen Annahmen sind je nach Sachverhalt als Personalaufwand oder sonstiger betrieblicher Aufwand bzw. Ertrag im operativen Ergebnis zu erfassen.
Gemäß IAS 19.153 sind Jubiläumsverpflichtungen als sog. other long‑term employee benefits zu bilanzieren. Die Bewertung erfolgt nach IAS 19.155 in Anlehnung an Post‑employment benefits: defined benefit plans. Entsprechend erfolgt die Bewertung von Jubiläumsverpflichtungen nach der Projected Unit Credit Method (IAS 19.67, sog. Anwartschaftsbarwertverfahren). Der Finanzierungszeitraum endet dabei mit dem Erreichen des jeweiligen Jubiläumstages.
Aufgrund desselben Bewertungsverfahrens werden auch die Aufwandskomponenten service cost, net interest cost und remeasurements in Analogie zu den Post‑employment benefits: defined benefit plans ermittelt (IAS 19.156). Hierbei ist zu beachten, dass Effekte aus Annahmenänderungen nicht im other comprehensive income, sondern aufwandswirksam in der jeweiligen Periode erfasst werden (IAS 19.154).
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